Verhindern wir das Verschwinden unserer Welt.

Seit über dreißig Jahren gibt es in der Bernstorffstraße 117 einen Werkhof, in dem über hundert Handwerker:innen und Künstler:innen wohnen und arbeiten. Diese Menschen bilden ein funktionierendes Soziotop und der über hundertjährige Hof gilt als eines der schönsten, noch fast zur Gänze erhaltenen Arbeitsareale Hamburgs. Im Jahr 2017 haben zwei Berliner Inverstoren dieses Areal gekauft. Seitdem ist die Furcht groß, dass abgeräumt, abgerissen, neu bebaut und teuer verkauft wird. Wir setzen uns zur Wehr und kämpfen dafür, dass Hamburg nicht ein weiterer Teil seiner Seele genommen wird.

VIVA LA BERNIE!

Häuser kann man bauen. Nachbarschaften nicht.

Was das Engagement von Investoren anregt, ist in der Regel nicht das Ensemble aus bestehenden Häusern und ihren Bewohnern. Es sind die Möglichkeiten, die Dimensionen eines Grundstücks profitabler auszugestalten. Durch andere – in der Regel dichtere Bebauung – oder eine neue Nutzung. Mit jedem weiteren uniformen Standardbau verliert das Stadtbild ein Stück seiner Liebenswürdigkeit.

Der in diesem Zusammenhang oft benutzte Begriff „Gentrifizierung“ bezieht sich meist nur auf die ökonomische Unmöglichkeit der ursprünglichen Stadtbewohner:innen mit den steigenden Preisen ihrer Quartiere Schritt zu halten. Aber es ist viel mehr: Urbanität ist die Vielfalt der Menschen, die sich zu Nachbarschaften zusammengefunden haben. Ein gesundes Viertel ist ein Generationenprojekt und diese Mischung droht verloren zu gehen.

Davon sind nun auch wir betroffen. Die Bernstorffstraße 117 ist der Lebens- und Arbeitsraum von mehr als 100 Menschen, der praktisch über Nacht an die Geschäftsführer der amerikanischen Investmentgesellschaft Hines Immobilien verkauft wurde. Als Hofgemeinschaft wollen wir nicht zulassen, dass eine Nachbarschaft, die in mehr als 35 Jahren entstand, einfach so verschwindet. Wir lieben den Ort, an dem wir leben und arbeiten, und wir glauben, dass diese Stadt Menschen braucht, die Hamburg nicht nur konsumieren, sondern lebendig und motiviert weiterentwickeln.

Gemeinsam mit Freund:innen, Unterstützer:innen und Projektpartner:innen wird es uns gelingen, dieses wichtige Stück Hamburg zu retten.

Hier werden die Lebenslinien der Stadt sichtbar.

Das Ensemble Bernstorffstraße 117 / Thadenstraße 102 entstand in einer Zeit, in der sich Hamburg und Altona rasch ausdehnten. Zwischen 1860 und 1880 verdoppelte sich die Einwohnerzahl der Stadt und neue Verkehrsmittel wurden gebraucht.

Zwischen 1881 bis 1882 wurde das Depot für die Pferdestraßenbahn der Altonaer-Ringbahn auf dem Grundstück Bernstorffstraße 117 errichtet.

So waren die im historistischen Schweizer Stil fertiggestellten Gebäude zunächst Remisen und Stallungen der Straßenbahngesellschaft. Später siedelten sich Handwerker:innen an und 1962 fanden hier Betroffene der großen Sturmflut Asyl.

Bürgerschaftliches Handeln strahlt aus.

Mit schnellem Geld kennt sich keiner von uns aus. Was wir aber seit über drei Jahrzehnten intensiv geübt haben, sind Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit. Deshalb möchten wir uns nicht auf die von den Investoren der Bernstorffstraße 117 angebotene Übergangsfrist einlassen. Wir wollen durch einen Rückkauf dauerhaft erhalten, was wir für uns und unsere Nachbarschaft aufgebaut haben.

Unser Plan ist ein Modell, mit dem das gesamte Ensemble der Bernstorffstraße 117 dauerhaft der Spekulation entzogen wird. Dabei geht es weden darum, allein den Status Quo der Bewohner:innen, Arbeiter:innen, Freiberufler:innen und Firmen zu erhalten oder den Besitz Einzelner zu vermehren – es geht darum, im Sinne des gesamten Quartiers den lebendigen urbanen Organismus, der hier entstanden ist, für viele Generationen zu erhalten.

Um dieses Projekt zu realisieren, benötigen wir finanzielle Mittel für den Rückkauf.

Den dazu nötigen Kredit möchten wir durch die Unterstützung vieler Menschen möglich machen: Es wird keinen einzelnen Eigentümer:innen geben, sondern eine Gesellschaft, die die Bernstorffstraße 117 für immer erhält. Weil sich Solidarität lohnt, werden die eingebrachten Beiträge unserer Unterstützer:innen verzinst zurückgezahlt.

„Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, schaut auf diesen Hof. Denn dieser Hof ist eine wahnsinnige Visitenkarte für diese Stadt und zwar weit über die Stadtgrenze hinaus. (…) Wir unterstützen daher den Wunsch der Bernie und des Kollektivs, diesen Gewerbehof zu erhalten, indem sie ihn selber käuflich erwerben.“

Oke Göttlich, Präsident FC St. Pauli

Wir halten zusammen und viele halten zu uns.

Der Hof der Bernstorffstraße 117 ist ein Schmelztiegel der Hamburger Kreativwirtschaft. Von hier gehen wichtige Impulse aus und die Kulturschaffenden der Stadt gehen hier ein und aus. Kein Zufall, dass sich die Liste unserer Unterstützer:innen wie ein Who is Who der bekanntesten Hamburger Künstler:innen liest.

Von Beginn an unterstützte die Handwerkskammer Hamburg uns im Bestreben, diesen Hof in der vorhandenen Struktur zu erhalten.

Eine starke Ermutigung für uns ist der Rückhalt des Bezirksamts Altona, das auf unsere Initiative hin eine städtebauliche Erhaltungsverordnung für das Karree und unser Ensemble aussprach.

Dr. Hans Jochen Waitz, renommierter Rechtsanwalt und Kunstmäzen, steht uns helfend und beratend zur Seite. Ihm gelang bereits 1990 eine fruchtbare Lösung für die damals besetzten Kontorhäuser der Admiralitätsstraße zu ermöglichen. Inzwischen ist dort Hamburgs renommiertestes Atelier- und Galerienhaus entstanden. Als Mediator trug er entscheidend dazu bei, dass die besetzte Hafenstraße in ein Genossenschaftsmodell überführt wurde.

Wir wollen nicht nur reden – wir wollen offen reden.

Immobiliengeschäfte sind Transaktionen, bei denen naturgemäß viel Geld im Spiel ist. Daher geht es für Käufer:innen häufig auch darum, die Motive des Erwerbs möglichst so lange zu verschleiern, bis ihre Planung und deren Genehmigung in trockenen Tüchern ist. Zu viel Information könnte Einspruch provozieren und für Verzögerungen sorgen.

Die Investor:innen und Fondsgesellschaften, deren Kapital sich in unserer Stadt (wie in jeder anderen schnell wachsenden Metropole) durch Flächenoptimierung und Maximalausbeute vermehren soll, sind naturgemäß gewinnorientiert und nicht von sozialen Werten getrieben. Mit jedem Neubau explodieren so die Preise, während Diversität, gewachsene Strukturen und Nähe auf der Strecke bleiben. Der Charme einer Stadt entsteht allerdings durch Eigentümlichkeit, nicht durch Eigentum.

Wofür wir mit unserer Initiative einstehen, sind Transparenz und Offenheit: Unsere Planungen finden im Dialog statt, zu dem wir Beteiligte, Unterstützer:innen, Nachbar:innen und Interessierte einladen. Nachbarschaft ist eben vor allem Austausch.

#vivalabernie